Mit jüngster Rechtsprechung hat sich das Bundesgericht zur Thematik der Beitragszeit und dem damit verbundenen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung geäussert (Urteil 8C_541/2020 vom 21.12.2020). Insbesondere hält das Bundesgericht dabei fest, dass die Beitragszeit auch bei einer nur sehr knappen Unterschreitung nicht aufgerundet wird.

Für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld wird u.a. die Erfüllung der Beitragszeit oder die Befreiung von dieser nach Massgabe von Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG verlangt. Die Beitragszeit erfüllt nach Art. 13 Abs. 1 AVIG, wer während zwei Jahren vor der Anmeldung mindestens 12 Monate arbeitstätig war und Beiträge einzahlte.

Ein Temporärangestellter aus dem Kanton Bern hat sich bei der Unia Arbeitslosenkasse für den Bezug von Arbeitslosengeld angemeldet. Die Unia verneinte einen Anspruch mit der Begründung, dass lediglich eine Beitragszeit von 11.507 Monaten ausgewiesen sei. Der Temporärangestellte gelangte damit an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, welches die Beschwerde guthiess und erwog, dass die Beitragszeit erfüllt sei. Die Unia beantragte darauf mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten die Aufhebung dieses Entscheides vor Bundesgericht. Aus den Berechnungen des Bundesgerichts resultierten letztlich insgesamt 11.887 (≈ 11.9) Beitragsmonate, womit die Rahmenfrist nur sehr knapp nicht erfüllt wurde und kein Anspruch auf Arbeitslosengelder bestehe.

Aus den Erwägungen des Bundesgerichts:

Urteil 8C_541/2020 vom 21.12.2020, E. 5.3.5 f.

«Da die für einen vollen Beitragsmonat erforderlichen 30 Kalendertage nur ganz knapp um einen Bruchteil verfehlt werden, ist die Umrechnung von Beschäftigungstagen in Kalendertage mittels des für die jeweils in Frage stehenden Monate präzis, d.h. durch Division von 30 Kalendertagen durch die effektiv möglichen Beschäftigungstage ermittelten Umrechnungsfaktor zu überprüfen […]. Hieraus resultieren total 11,887 Beitragsmonate.»

«Damit ist die Beitragszeit in der vom 3. Februar 2018 bis 2. Februar 2020 dauernden Rahmenfrist nicht erfüllt. Eine Aufrundung der als Beitragszeit anrechenbaren Kalendertage fällt auch dann nicht in Betracht, wenn diese nur um den Bruchteil eines Tages nicht erreicht wird […]. Dieses Ergebnis erscheint im vorliegenden Fall zweifellos als hart, doch behalten die Erwägungen in den zuletzt zitierten bundesgerichtlichen Urteilen hier weiterhin ihre Gültigkeit. Daran vermag auch die von der Rechtsprechung mittlerweile zugelassene Rundung des Invaliditätsgrades […] nichts zu ändern. Denn anders als dort geht es bei der Ermittlung der Mindestbeitragszeit nicht um eine Rechnerei auf der Grundlage einer ermessensgeprägten Schätzung (Arbeitsfähigkeit) und hypothetischer Zahlen (Validen- und Invalideneinkommen), sondern bloss um die Umrechnung mit Faktor 1.4 (bzw. dem fallbezogen-individuell ermittelten Faktor), mithin um einen präzisen rechnerischen Vorgang ohne jegliche Ermessenselemente. Insofern resultiert keine Scheingenauigkeit, der mittels Rundung zu begegnen wäre, und damit auch keine bessere Einsicht in den Gesetzeszweck, die zu einer Änderung der Rechtsprechung führen könnte […].»

 

ps / 22.07.2021