Das Bundesgericht hat in jüngster Rechtsprechung zunehmend die Invalidisierung von mittelschweren Depressionen ausgeschlossen. Depressionen gelten gemäss Bundesgericht als grundsätzlich therapierbar und damit nicht IV-relevant. Erst mit Beweis einer Therapieresistenz kann ausnahmsweise eine Invalidisierung angenommen werden. Solange noch irgendwelche denkbaren Therapieoptionen offen stehen, wird ein Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung verneint. Dabei besteht keine Pflicht der IV, die Versicherten mittels Mahn- und Bedenkzeitverfahrens auf die notwendigen Therapien und die Folgen der Nichtdurchführung aufmerksam zu machen. Begründet wird dies in dem Sinne, als dass die Therapieresistenz Voraussetzung für die Anspruchsbegründung ist. Fehlt es am Beweis der Therapieresistenz, fehlt es am Schweregrad der depressiven Störung und damit an den Anspruchsvoraussetzungen.

Das Bundesgericht hält in zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung zu den Depressionen das Folgende fest:

«Leichte bis mittelgradige depressive Störungen rezidivierender oder episodischer Natur fallen praxisgemäss einzig dann als invalidisierende Krankheiten in Betracht, wenn sie erwiesenermassen therapieresistent sind (statt vieler: BGE 140 V 193 E. 3.3). Nur in dieser – seltenen, da nach gesicherter psychiatrischer Erfahrung Depressionen im Allgemeinen therapeutisch gut angehbar sind – gesetzlich verlangten Konstellation ist den normativen Anforderungen des Art. 7 Abs. 2 ATSG für eine objektivierende Betrachtungs- und Prüfungsweise Genüge getan (vgl. dazu auch BGE 141 V 281 E. 3.7.1). Ein solcher Sachverhalt muss überwiegend wahrscheinlich und darf nicht lediglich nicht auszuschliessen sein. Zudem muss die Therapie in dem Sinne konsequent gewesen sein, als die aus fachärztlicher Sicht indizierten zumutbaren (ambulanten und stationären) Behandlungsmöglichkeiten in kooperativer Weise optimal und nachhaltig ausgeschöpft worden sind (BGE 140 V 193 E. 3.3, 137 V 64 E. 5.2).»

Zum Mahn- und Bedenkzeitverfahren hat sich das Bundesgericht im Urteil 8C_05/2017 in E. 5.2. wie folgt geäussert:

«Zu korrigieren sind weiter die Ausführungen des kantonalen Gerichts, wonach der Versicherten ihr Nichtbefolgen einer konsequenten antidepressiven Therapie nicht entgegengehalten werden dürfe, da die Verwaltung kein Mahn- und Bedenkzeitverfahren nach Art. 21 Abs. 4 ATSG durchgeführt habe. Es erkannte damit nicht, dass das Kriterium der Behandelbarkeit nicht in Zusammenhang mit der Therapiebereitschaft und einer allfälligen, damit einhergehenden Verletzung der Mitwirkungspflicht der versicherten Person zu sehen ist, sondern mit dem Gesundheitsschaden als solchen, beziehungsweise dem Schweregrad der psychischen Störung. Gemäss E. 4.3.1.2 des BGE 141 V 281 gelten Behandlungserfolg oder -resistenz bei somatoformen Schmerzstörungen und vergleichbaren psychosomatischen Leiden konsequenterweise als wichtige Schweregradindikatoren. Den hier interessierenden leichten bis mittelschweren depressiven Erkrankungen fehlt es dementsprechend, solange sie therapeutisch angehbar sind, an einem hinreichenden Schweregrad der Störung, um diese als invalidisierend anzusehen.[…] Hat die Versicherte keinen Anspruch auf Leistungen der Invalidenversicherung, weil sie an keinem invalidisierenden Gesundheitsschaden leidet, greift das Mahn- und Bedenkzeitverfahren nicht. Denn es drohen ihr nicht aufgrund eines zu sanktionierenden Fehlverhaltens Leistungen vorenthalten zu werden, auf die sie ohne das ihr vorgeworfene Verhalten – hier die fehlende Compliance hinsichtlich einer konsequenten Depressionstherapie – Anspruch hätte. Dass ihr eine solche Therapie unzumutbar wäre, wird im Übrigen nicht vorgebracht und ergibt sich auch nicht aus den Akten.»

 12. Juni 2017 Jana Renker