Mit Urteil 9C_391/2016 vom 04.11.2016 hält das Bundesgericht fest, dass die Nichtdurchführung zumutbarer Behandlungsmöglichkeiten (vorliegend medikamentöse Therapie einer psychiatrischen Erkrankung) einer versicherten Person erst nach einem Mahn- und Bedenkzeitverfahren gemäss Art. 21 Abs. 4 ATSG zum Nachteil gereichen kann. Zuvor fällt ein Abweichen von der ärztlichen Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit bzw. eine Verweigerung einer Invalidenrente nicht in Betracht.

Im konkreten Fall meldete sich die Versicherte im Februar 2014 zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Die Fachärzte attestieren eine 100%ige Arbeitsunfähigkeit aus psychiatrischer Sicht. Gleichzeitig weisen sie daraufhin, dass die versicherte Person bisher keine Psychopharmakotherapie durchgeführt habe, obschon davon eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zu erwarten sei. Die Invalidenversicherung hat daraus geschlossen, dass kein invalidisierender Gesundheitsschaden vorliege. Die versicherte Person habe ihre Selbsteingliederungspflicht verletzt.

Das Bundesgericht hält hierzu fest, dass eine Leistungsverweigerung oder -kürzung mit der Begründung, die versicherte Person verweigere eine zumutbare Therapie, die eine wesentliche Verbesserung verspricht, voraussetzt, dass die IV-Stelle nach Art. 21 Abs. 4 ATSG vorgeht. Demnach können Leistungen gekürzt und verweigert werden, wenn sie vorher schriftlich gemahnt und auf die Rechtsfolgen hingewiesen wurde; dabei sei ihr ist eine angemessene Bedenkzeit einzuräumen. Die Nichtdurchführung der zumutbaren Therapie darf der versicherten Person somit erst nach der entsprechenden Auflage durch die IV entgegengehalten werden. Das Bundesgericht hat daraus geschlossen, dass keine Begründung vorliegt, von der medizinischen Einschätzung abzuweichen. Der Versicherten wurde eine ganze Rente zugesprochen.

Jana Renker, 14.01.2017